Datenbasiertes Ersatzteilpricing im Maschinenbau
Die Bedeutung des datenbasierten Ersatzteilpricings im Maschinenbau nimmt zu. Durch Marktdaten und dynamische Preisstrategien können Unternehmen...
Innovative Pricing-Strategien im Ersatzteilgeschäft des Maschinenbaus halten Profitabilität, Absatz und Kundenzufriedenheit in der Balance.
Studien zeigen, dass das Ersatzteilgeschäft mit einem Umsatzanteil von rund 50 bis 60 Prozent und Ergebnismargen von durchschnittlich 25 Prozent die tragende Säule des Servicegeschäfts im Maschinen- und Anlagenbau ist.1) Besonders in wirtschaftlich stagnierenden Zeiten bietet es enormes Potenzial, um Gewinne kurzfristig zu steigern. Branchenexperten schätzen, dass zwei Drittel des Wachstums im Service durch optimiertes Ersatzteil-Pricing generiert werden könnten.2) So zeigen beispielsweise die jährlichen Auswertungen von MARKT-PILOT eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von 17 bis 19 Prozent im After-Sales.
Inhalt
Doch Maschinenbauer konkurrieren hier zunehmend mit „Ersatzteilpiraten“ (Nachbauern) und Direktanbietern (Online-Shops, Offline-Händler), die ihre Teile im Vergleich zum Original mitunter 30 bis 50 Prozent günstiger anbieten. Das beeinträchtigt die globale Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller. Und: Durch den zunehmenden Einsatz des Internets wächst zusätzlich weltweit die Vergleichbarkeit der Ersatzteilpreise für die Maschinenanwender (E-Commerce/E-Shops). Für die Hersteller heißt das: Sie müssen ihre Preisstrategien für Ersatzteile auf den Prüfstand stellen, um Marktanteile zu sichern und Gewinne zu maximieren.
Während Faktoren wie neue Teile, Vertriebskanäle und Kundenakquise zweifellos wichtig sind, spielt der Preis eine zentrale Rolle dabei, ob ein Unternehmen schneller oder langsamer als der Wettbewerb wächst. Eine innovative Preisstrategie im Ersatzteilgeschäft ist somit ein Schlüsselfaktor für nachhaltigen Erfolg im Maschinenbau: Sie operationalisiert die Unternehmensstrategie, monetarisiert die Wertigkeit der Teile und berücksichtigt das Wettbewerbsumfeld. Dabei agiert sie in einem Spannungsdreieck aus Absatz, Kundenzufriedenheit und Profitabilität, um ein stabiles Gleichgewicht zu schaffen.
Eine erfolgreiche Preisstrategie muss deshalb drei zentrale Ziele miteinander verbinden:
Das heißt:
Um eine effektive Preisstrategie im Ersatzteilgeschäft umzusetzen, bedarf es nicht nur einer ausgewogenen Balance zwischen Profitabilität, Absatz und Kundenzufriedenheit, sondern auch einer messbaren Erfolgskontrolle. Der Return on Investment (RoI) spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da er die Wirksamkeit der implementierten Preisstrategien quantifizierbar macht. Wie also lässt sich der Erfolg moderner Pricing-Ansätze im Ersatzteilgeschäft konkret bemessen?
Bei vielen Ersatzteilgruppen schlägt sich jeder Euro Preiserhöhung direkt im Ergebnisbeitrag nieder. Ein entscheidender Vorteil liegt im sogenannten 'Lock-in-Effekt', besonders bei herstellerspezifischen Teilen. Hier sind die potenziellen Alternativen für die Kunden gering, was Maschinenbauern eine beträchtliche Pricing-Power verleiht. Preisanpassungen bei diesen Teilen führen in der Regel nicht zu einem Absatzrückgang, da die Substitutionsrisiken überschaubar sind. Folglich fließt jeder Euro Preiserhöhung direkt in die EBIT-Marge zurück. Dies macht das Ersatzteil-Pricing zu einem äußerst effektiven Hebel für die Profitabilität.
Traditionell jedoch fokussieren Maschinenbauer ihr Kerngeschäft auf die Maschinen selbst: Was zählt, ist der Absatz im Neugeschäft. Das Ersatzteilpricing wurde bzw. wird zu oft vernachlässigt oder mit sehr simplen Heuristiken und Methoden („Aufschlag von X Prozent“ auf alle Teile) betrieben.
Ein Fehler, denn die hohe Spezialisierung im Maschinenbau und die daraus resultierende Vielfalt an Ersatzteilen und Teiletypen machen ein pauschales Pricing-Modell wie Cost-Plus ineffektiv. Stattdessen bietet sich hier die Chance, durch maßgeschneiderte teilegruppenspezifische Preisstrategien erhebliche Potenziale zu erschließen. Selbst kleine Verbesserungen in der Preisstrategie können zu überproportionalen Steigerungen führen.
Tatsächlich ist Ersatzteil-Pricing eine der einfachsten Disziplinen, um den Erfolg einer Strategie zu messen. Zur Illustration: Man erhöht den Preis eines Ersatzteils um einen Euro. Verkauft man es zu diesem neuen Preis, wird der Effekt, ceteris paribus, sofort deutlich. Das ist der unmittelbare Nutzen. Überträgt man das auf Tausende von Teilen, bekommt das Unternehmen einen messbaren, täglichen Effekt seiner Preisstrategie.
Der RoI im Pricing-Bereich beträgt typischerweise das 2-3 fache der Investition bereits im ersten Jahr. Anders die Situation bei einer ERP-Implementierung. Fragt man Maschinenbauer nach dem Return on Investment ihres Projekts, so können die wenigsten darauf eine klare Antwort geben. Beim Ersatzteil-Pricing ist das anders.
Die erfolgreichsten Pricing-Projekte sind diejenigen, in denen die Geschäftsführung von Anfang an involviert ist. Die Profitabilitätssteigerung ist zweifellos ein Hauptargument, um C-Level-Entscheidungsträger von der Notwendigkeit eines stringenten Ersatzteil-Pricings zu überzeugen. Aber gerade, wenn es um Software-Lösungen geht, gewinnen auch Effizienz und Arbeitserleichterung an Bedeutung. Im Fokus: die Automatisierung und Beschleunigung von Prozessen sowie die Vereinfachung administrativer Tätigkeiten. Es geht darum, nicht nur profitabler, sondern auch agiler und präziser zu werden.
Viele Maschinenbauunternehmen etablieren deshalb sogenannte Centers of Excellence (CoE) für Pricing. Der Hintergrund: Historisch bedingt ist in Unternehmen die Preisgestaltung oft im Vertrieb angesiedelt, das Margen-Controlling in der Finanzabteilung, und die IT-Abteilung ist für die Pricing-Software zuständig. Diese Aufteilung ist nicht optimal. Besser wäre die Bündelung der Zuständigkeiten in einem Center of Excellence, da es die einzelnen Bereiche besser steuern kann. Wenn dann noch die Unterstützung der Geschäftsführung gegeben ist, steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit erheblich.
Eine gut vorbereitete Implementierung mit den richtigen Partnern kann erstaunlich reibungslos verlaufen. Sie schafft sogar Kapazitäten im Tagesgeschäft, die vorher in ineffizienten Prozessen gebunden waren. Das ermöglicht es dann auch, sich intensiveren Projekten wie der Einführung eines ERP-Systems zu widmen. Softwaregestütztes, marktorientiertes Ersatzteil-Pricing kann, richtig umgesetzt, sogar die Kosten für andere IT-Projekte refinanzieren. Es kommt also darauf an, den immensen Nutzen des Pricings allen Stakeholdern deutlich zu machen.
Eine klug durchdachte und granulare bzw. flexible Preisstrategie ist eine Seite der Medaille. Diesen Pricing-Ansatz dann auch mit einem hohen Automatisierungsgrad über ein Portfolio von oftmals mehr als zehntausenden von Teilen umzusetzen, ist die andere Seite der Medaille. Für viele Maschinenhersteller ist die Bepreisung von zehntausenden Teilen mit ihren individuellen Besonderheiten eine große Herausforderung.
Moderne Pricing-Software navigiert mühelos durch diesen „Komplexitätsdschungel“, mit wenigen Klicks lässt sich das gesamte Ersatzteil-Portfolio bepreisen, wobei die zugrundeliegenden Faktoren hochgradig individualisierbar sind. Nach einer einmaligen Konfiguration, idealerweise mit Unterstützung eines Experten, kann der Prozess auf Knopfdruck für jede Pricing-Runde wiederholt werden. Softwarespezialisten wie MARKT-PILOT begleiten den Kunden durch den gesamten Prozess der Preisgestaltung bis hin zur Preisumsetzung, wobei bei Bedarf auch eine Detailanalyse auf Einzelteilebene möglich ist.
Doch sollte man sich nicht der Illusion hingeben, eine Software könne 15 Jahre Stillstand im Ersatzteil-Pricing auf einen Schlag wettmachen. Erforderlich ist zunächst ein konzeptioneller Plan, eine Strategie. Die Software ist das Werkzeug, um diese Strategie zum Leben zu erwecken und wichtige Prozesse der Preisgestaltung zu automatisieren. Ohne dieses Fundament wird keine Software der Welt Pricing-Probleme lösen können.
Dr. Marcus Demmelmair, Horváth & Partners, im Interview auf dem PARTS SUMMIT 2024 in Ludwigsburg (Ausschnitt)
Tatsache ist: Digitalisierung und KI verändern die Spielregeln im Ersatzteilgeschäft grundlegend. Während viele Unternehmen noch immer auf Excel-Tabellen setzen, zeigen moderne, KI-gestützte Softwarelösungen eindrucksvoll, wie sich Effizienz und Profitabilität steigern lassen.
Excel war lange Zeit das Standardwerkzeug für die Preisgestaltung. Doch in einer zunehmend dynamischen Marktumgebung stößt es aus mehreren Gründen an seine Grenzen:
Moderne Pricing-Software bietet hier klare Vorteile. Sie automatisiert Prozesse, analysiert Daten in Echtzeit und ermöglicht dynamische Preisanpassungen. Maschinenhersteller berichten in diesem Zusammenhang von einer Reduktion von Fehlern in der Preisgestaltung um bis zu 30 Prozent gegenüber einer manuellen Kalkulation.3)
Besonders vorteilhaft sind Funktionen wie:
Die nächste Generation des Ersatzteil-Pricings wird noch mehr als bisher von künstlicher Intelligenz (KI) geprägt sein. KI-basierte Systeme können nicht nur historische Daten analysieren, sondern auch zukünftige Trends vorhersagen und Preise autonom steuern. Dies schafft Wettbewerbsvorteile und ermöglicht es Unternehmen, noch besser auf Marktschwankungen zu reagieren.
Kurz: Moderne Technologien sind kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit für Maschinenhersteller, die im Ersatzteilgeschäft wettbewerbsfähig bleiben wollen. Doch ohne eine klare Strategie bleibt auch die beste Technologie wirkungslos. Der erste Schritt ist daher ein konzeptioneller Plan – die Tools für dessen Umsetzung sind jedenfalls verfügbar.
Gemeinsamer Autorenbeitrag von MARKT-PILOT und Horváth & Partners
(Quellen)
Der nächste PARTS SUMMIT findet am 9. Oktober 2025 in Ludwigsburg statt. Die Online-Anmeldung ist schon jetzt möglich!
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